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LOKAL HARMONIE

Das hat uns ja auch keiner an der Wiege gesungen, dass wir mal hier landen. Seit zwei Jahren sitzen wir jetzt im Ladenlokal einer ehemaligen Eisenwarenhandlung in Ruhrort und fragen uns, was wir hier sollen könnten.
Mit der Frage, was Ruhrort ist und ob es sein muss, fing alles an. TAD – Theater Arbeit Duisburg und Tup – Theorie und Praxis e.V. nahmen den leerstehenden Laden via Mietzins in Besitz, mit handfesten Interessen: „Nicht nur um die Erfassung der inneren Logik der sozialen Realität ist es uns zu tun. Wir wollen diese Realität auch ändern. Revolutionär … in etwas, das schön ist.“
Darin steckte schon der Keim zum Fehlstart eines glücklichen Miteinanders, denn Ruhrorter sagen, dass Auswärtige sagen, Ruhrort sei der schönste Stadtteil Duisburgs. „Was kommt denn hier ’rein?“, fragte eine am Laden vorbeizuckelnde Rollatorschieberin einen gerade außen dekorierenden TAD-Regisseur. Der: „Kunst!“ Sie: „Macht ja nichts!“ Eben. Muss sich hier, wie überall, etwas ändern, damit es schön wird, oder ist es hier, wie überall, (noch, immer noch) zu schön, als dass sich etwas ändert?
Vermutlich ist es so, dass Duisburg sich Ruhrort 1905 einverleibte als Zweitstadt zum Ausschlachten, und jetzt ist hier alles aufgebraucht. Da kamen wir als kreative Zwischenmieter wohl gerade recht. Als Beitrag zur Gentrifizierung – solange bis bzw. damit sich hier wieder richtige Geschäfte ansiedeln.
Warum dann hierbleiben? Warum, nach der 2-wöchigen „Ruhrort ist KunstundKultur-Stadtteil“-Simulation, sogar mit neuem Team und mit Elan? Gentrifizieren helfen wollen wir nicht, aber diesen herbeigeredeten und scheint’s auch ein bisschen einsetzenden Kunst-in-Ladenlokale-Boom im Ruhr2010-Gefolge wollen wir schon mitnehmen – wir haben ja damit angefangen. Was es in Ruhrort vielleicht war, ist oder werden wird, sind wir nämlich allemal und schon längst: schön. Und bleiben schön hier. Und sitzen im Lokal Harmonie als dem Raum gewordenen Dreiklang aus Gemütlichkeit, Kritik und Krisenstimmung. Wir machen’s wie Ruhrort: Rahm abschöpfen, Reste essen. Und dann kommt die Brücke drüber. Oder doch die Kreativwirtschaft. Das wollen wir mal sehn.